Klimapolitik Schweiz: 30 verlorene Jahre

SRF Rückspiegel: Mit Vollgas in die Klimakatastrophe

Republik: Das verlorene Jahrzehnt: Wie die Schweizer Klimapolitik durchstartete – und abstürzte

Kleiner Reminder: Die Klimaforschung weiss und sagt schon seit über 30 Jahren, dass wir so nicht weitermachen können. Die Prognosen und Modelle haben sich nicht wesentlich verändert. Und auch Hitzewellen, Wirbelstürme und Sintfluten sind nichts Neues – sie waren schon Ende der 1980er-Jahre Thema, nachdem 1987 Unwetter die Schweiz trafen (SRF 18:25).

Die Bremser sind immer noch dieselben – Wirtschaftsverbände, die Autolobby und die fossile Industrie und bürgerliche Politiker:innen. Dabei fing der politische Prozess vielversprechend an: 1990 sprachen sich auch bürgerliche Politiker für eine Lenkungs­abgabe zur Reduktion des CO₂-Austosses aus. Die Einsicht war verbreitet, dass jetzt etwas gehen muss (SRF: Min. 11 – 16).

Doch 1991 nahmen eine Wirtschaftskrise und die Autopartei solchen Absichten den Wind aus den Segeln, wie der Republik-Artikel nachzeichnet. CVP, FDP und Privat­wirtschaft krebsen zurück und die Auto- und Erdöl­lobby und Wirtschaftsverbände (damals noch Vorort und Wirtschafts­förderung, heute Economiesuisse) organisierten sich und bekämpfen die Klimavorlagen in der Vernahmlassung konsequent (natürlich mit denselben Ausreden wie heute: zuerst die anderen, schlecht für die Wirtschaft, wer braucht schon einen Planeten, geheiligt seist du, tägliche Autofahrt. Dazu kommt ab Mitte 90er noch Klimawandelleugnung und -verwedelung nach US-Vorbild. Das erst 1999 beschlossene CO₂-Gesetz ist zahnlos und setzt auf intellektuelle Verrenkungen wie freiwillige Selbstbeschränkung.

Wir haben viel Zeit verloren. Und noch immer leisten einige politische Kräfte Widerstand gegen das, was getan werden muss, um den Planeten einigermassen intakt zu halten. Damals wie heute fürchtete man Einschränkungen, und weil Angst die Mutter des Gedankens ist, dringt nicht mal durch, dass der Umbau heute recht schmerzfrei sein wird, da unterdessen alles bereitsteht, was wir dafür brauchen: PV und Wind produzieren den billigsten Strom ever, Lithium-Ionen-Akkus ermöglichen Elektroautos und -busse mit komfortablen Reichweiten und dank Wärmepumpen brauchen wir keine Gasleitungen oder Tanklaster mehr, sondern saugen die Wärme direkt aus der Luft.

Ob das jetzt in den Augen der Öl-Freundinnen und Gas-Liebhaber das höchste aller Labels verdient, “gut für die Wirtschaft”, weiss ich nicht – aber der Blick zurück legt offen, dass das schon immer dummes Geschwätz von Leuten war, die Profit mit Fossilen machen.

Kim   •   22.6.2022